"Mzungu! Mzungu!!" - ein Wort, was sich so in mein Hirn eingebrannt hat, wie kein zweites, das liegt ganz einfach daran, dass ich es gefuehlte 100x am Tag hoere. Kinder rufen mir auf der Strasse nach und zeigen aufgeregt auf mich, in der Schule bin ich nicht der "teacher", sondern einfach der Mzungu, Boda-Fahrer haben meine Nummer unter Mzungu eingespeichert, an allen Ecken hoert man dieses Wort gerufen oder gefluestert. Mzungu...dabei spürt man ohne die Sprache zu verstehen, dass es manchmal sowohl freundlich oder neutral, aber auch abwertend und sogar als Beschimpfung verwendet wird.
Aber was heisst das ueberhaupt?
Grob uebersetzt bedeutet der Begriff Mzungu so viel wie Fremder, Seltsamer, der alles sehen/erfahren moechte, also ein Weisser oder Tourist, im weiteren Sinne auch ein Reicher. Weisse, die schon laenger in Ostafrika leben, werden manchmal anders genannt, das ist aber auch eher selten, so denkt man hier, alle Weissen waeren grundsaetzlich sehr reich, egal, wie alt man ist, was man hier macht (also ob man Tourist, Volo oder sonst was ist) oder wie man sich verhaelt.
Im Allgemeinen bin ich eig. sehr ungluecklich ueber diesen Begriff bzw. die Meinung, die die Einheimischen hier von uns Europaeern haben. Es hat zwar einige Vorteile, ein Mzungu zu sein: Man wird z.B. im Matatu privilegiert behandelt, beim Anstellen vorgelassen, meistens wird mit einem sehr respektvoll umgegangen, allerdings bin ich mir sehr wohl auch dessen bewusst, dass wir Mzungus von den meisten als "unwissende Geschaeftspartner mit zu grossem Geldbeutel" gesehen werden. In den ersten Tagen zahlt man mal mit Sicherheit das Dreifache des urspruenglichen Preises, egal, worum es geht. Besonders schlimm wird das natuerlich bei Touristen zelebriert, wenn man hier also niemanden hat, der halbwegs bescheid weiss, wird man manchmal ganz schoen ausgetrickst. Ich habe hier in meiner 2. Woche z.B. fuer einen Film anstatt den ueblichen 50 KSh deftige 500 KSh bezahlt, was mich auch gar nicht so verwundert hat, so sind 500 KSh umgerechnet ca. 4 Euro. Auch auf den Maerkten sollte man sich im Feilschen ueben, was anfangs aber sprachlich noch nicht so gut geht, bzw. hat man auch einfach nicht immer Lust darauf.
Das Leben in Kenia ist ziemlich billig (allerdings verdienen die Leute hier auch dementsprechend weniger). Fuer ein gutes Mittagessen zaehle ich in einem normalen Cafe umgerechnet keine 2,50 Euro. Also ist es nicht so schlimm, wenn man ab und zu mal mehr zahlt, v.a. wenn man die schweren Lebensverhaeltnisse mancher Einheimischer kennt. Dennoch nervt das alles mit der Zeit ziemlich. Nach 6 Wochen Aufenthalt habe ich einfach keine Lust mehr tagtaeglich wieder mit irgendeinem Bodafahrer ueber den Preis fuer die Fahrt zur Arbeit zu diskutieren, obwohl ich seit Wochen immer den selben, offensichtlich fairen Preis zahle. Manche (bei weitem nicht alle!) versuchen einfach immer wieder, den ueblichen Preis zu erhoehen oder mich einfach zu verarschen, das find ich manchmal echt traurig, fuer wie bloed wir manchmal gehalten werden. Und wir sind doch nicht alle reich! Klar, aufgrund des wirklich fantastischen Wechselkurses bzw. der schwachen Waehrung hier, kann ich mich als Student bzw Volunteer hier einen ueberdurchschnittlichen Lebensstandard locker leisten, allerdings sehe ich es nicht ein, den Mzungu-Preisaufschlag zu bezahlen, schon gar nicht, wenn hier alle wissen, dass ich ein Volunteer bin, also fuer meine "Arbeit" natuerlich kein Geld bekomme, aber um dorthin zu kommen taeglich zahlen muss. Wenn man aber mit den Leuten redet, dann sehen sie das auch sehr schnell ein, und dann gibt es meistens kein Problem mehr, ein paar wollen aber einfach nicht aufgeben, was die Stimmung etwas runterzieht.
Besonders traurig finde ich, wenn so ein Verhalten an die Kinder weitergeben wird. Die meisten Kids, die mich auf der Strasse sehen, gruessen mich, rufen laut Jambo!, auch oft Mzungu, meinen es aber eher positiv, weil sie neugierig sind, freuen sich total, wenn man winkt oder zurueckgruesst, die lachen einem immer an, das werde ich auch echt total vermissen, wenn ich wieder zuhause bin. Dann gibt es aber auch immer wieder Situationen, wie heute wieder, wo mich 10-Jaehrige frech anschwaetzen: "Hey Mzungu! Give me money!" (An "Gimme sweets!" bin ich gewoehnt, weil das hier manche aeltere Weissen, zu denen ich noch kommen werde hier, wirklich machen, v.a. Touristen a la "Och schau dir das suesse kleine schwarze Kind an!! Willst du was zum Naschen? Komm, mach ein Foto, waehrend ich dem Kleinen einen Lolly geben!!" Wenn aehnliches dann auch noch waehrend dem Feeding-Programm passiert...erm...ja...da soll sich jetzt jeder selber was dazu denken...)
Ich finde das so dreist! Es sprechen mich auch immer wieder wildfremde Leute an, mit den schlimmsten Schicksalen, sie brauchen Geld, von den Beachboys fang ich erst gar nicht an. Solche Gespraeche oder Sprueche haben mir manchmal schon ein bisschen den Tag verdorben, wahrscheinlich aerger ich mich grad zu viel darueber, es gibt hier auch viele Weisse, wo das funktioniert mag, dabei denke ich nicht nur an Touristen. Das manche (um Gottes Willen nicht alle!!) Weissen hier aber keineswegs die naiven Bilderbuch-Menschen sind, will ich hier auch nochmal extra betonen, eine gewissen Ruf haben "wir" "uns" schon "selbst" zuzuschreiben. Viele, aeltere, maennliche Weisse, die sich hier niedergelassen haben, fuehren sich naemlich auch manchmal auf, dass es zum Fremdschaemen ist. (Dass hier der Sextourismus voll zugeschlagen hat, lasse ich auch mal unkommentiert und dass ich damit dann noch grosskotzig an der Strasse mitten in der Oeffentlichkeit vor den gleichgesinnten "Freunden" prahle, wie man hier lebe und sich alles erlauben kann, weil man ja das Geld habe, sowieso. Aber sich dann gleichzeitig darueber aufregen, dass das weibliche Pendant zum Beachboys nicht die treue, wahre Liebe ist....entschuldigung, aber mich regt das auf.) Dank solcher Leute ist das Wort Mzungu fuer mich wirklich zum Schimpfwort geworden, ich hoere es (ausser von den kleinen Kids) nicht gerne, vielleicht versteht ihr jetzt auch warum. Ich moechte nicht in einen Topf mit diesen Leuten geworfen werden, und es gibt genug Weisse, die hier ein aufrichtiges, ruhiges Leben fuehren, ohne Prahlerei, ohne Sextourismus, ohne sonst was, die bestimmt aehnlich fuehlen.
Ich habe hier allerdings auch verallgemeinert, natuerlich machen dass nicht alle Leute, tatsaechlich nur ein kleiner Bruchteil, aber man faellt hier als Weisser einfach auf (auf der Strasse, am Strand, am Boda), und da hoert man "Mzungu", bloede Sprueche oder Betteleien/Tricksereien viel oefters, obwohls vielleicht einer von 100 wirklich macht. Die Menschen hier sind grundsaetzlich sehr offen, freundlich und hilfsbereit! Ich habe hier echt tolle Leute kennengelernt aus den unterschiedlichsten Schichten und Lebenslagen, die Kids sind sowieso toll (ausser sie fragen nach Geld), und ich geniesse meine Zeit hier wirklich sehr!
Die Aufmerksamkeit, die ich hier bekomme, wird mir sicher sehr abgehen in Europa. Aber es gibt eben auch die andere Seite, man kommt hier auch zum Nachdenken, wie sich ein Afrikaner bei uns zu Hause fuehlen muss, da fallen naemlich die meisten positiven Effekte des "Mzungu-Daseins" weg, aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte, die mich seit meiner Ankunft hier allerdings doch oft beschaeftigt. Ich moechte hier eig. nicht anders behandelt werden, wie die Einheimischen auch, egal ob positiv oder negativ. Das es nicht zu aendern ist, dessen bin ich mir leider sehr bewusst.
Sorry, ich weiss, dass der heutige Eintrag mal ein bisschen ernster wahr, es ist nicht alles aus Zucker in Afrika aber ich moechte hier auch kein falsches Bild abgeben. Ich spreche ausschliesslich von meinen eigenen Erfahrungen vom Fremdsein, dem Verhalten mancher Weissen hier, und wie ich dem Begriff Mzungu begegne. Die eigentliche Botschaft von heute soll sein: wenn ihr nach Afrika gehen wollt, dann rechnet damit, dass ihr auf die eine oder andere aehnliche Situation stossen werdet. Wie man dann darauf reagiert, ist jedem selbst ueberlassen. Wenn man aber jemanden hat, der sich mit den ueblichen Preisen auskennt, ist es sicher nicht von Nachteil. Uebertrieben grantig zu reagieren wuerde ich aber nicht (ausser es geht um den allgemeinen Umgang miteinander). Auch hier in Mtwapa herrscht zum Teil bittere Armut, da macht es mir nichts aus, manchmal mehr zu bezahlen, ganz im Gegenteil!
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