Viel zu lange hab ich euch jetzt warten lassen auf einen
Eintrag ueber das Kinderheim, indem ich regulaer Donnerstag und Freitag arbeite, allerdings fast taeglich mal fuer 1-2h vorbeischaue. Das kleine Haus liegt im aermeren Teil von Mtwapa (das erkennt man daran, dass es hier fast keine hoeheren Gebaeude gibt) und ist von mir zuhause in ungefaehr 30 min zu Fuss erreichbar (mit dem Boda ca. 5 Minuten). Das Heim wurde von meiner Gastgeberin hier, Jacque, am 1. Mai 2013 zusammen mit Volontaeren gegruendet, ist also noch ganz jung! Das Haus besteht aus
7 "Raeumen": 2 Schlafzimmer, ein Aufenthaltsraum (hier spielt sich das ganze Leben ab, es wird gespielt, geturnt, gelernt und gegessen, alles natuerlich am Boden!), ein winziges WC, eine Dusche, ein kleiner Innenhof (der Grossteil davon besteht aus einer grossen, zementierten Abflusswanne, wo die Waesche gewaschen wird und sich die Kids die Zaehne putzen) und die Kueche. Im Moment leben 8 Kinder im Heim, als ich in meiner 1. Woche hier von Jacque zum ersten Mal mit ins Kinderheim genommen wurde, schauten sie mich noch misstrauisch bzw. verdutzt an. "Auntie" Faith, die Betreuerin, Koechin, Putzfrau, Lehrerin und Ersatzmama der Kids stellt mir einem nach dem anderen vor, die Kids kommen schuechtern auf mich zu, geben mir die Hand und sind auch ganz schnell wieder weg! Da waere zum einen
Mariam, sie ist die Aelteste, gefolgt von
Halua, Mohammed, Riziki, Fatuma, Kadzo und die 2 Kleinsten:
Delmas und Meris. Letztere ist es auch, die am schnellsten ihren Mut zusammenfasst, zu mir hingeht, mich mit ihren riesigen Augen anglotzt, irgendwas auf Kiswahili sagt und sich ploetzlich mit einem breiten Grinsen auf mich niederplumpsen laesst. Das Eis ist gebrochen, auch bei den anderen dauert es keine 30 Minuten, bis wir beginnen zusammen zu spielen. ;-)
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Sweet little Meris |
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Die Kids spielen viel zu gern mit meinen Haaren rum! |
Ich geniesse meine Zeit hier im Kinderheim sehr, die groesseren Kids schnappen sich am liebsten meine Kamera und schiessen damit 100e Fotos, eins verwackelter wie das andere, aber teilweise kommen dabei auch richtig geniale Schnappschuesse raus. Die meisten Fotos, die ich hier heute veroeffentliche, wurden von den Kindern gemacht! Die Kleineren benuetzen mich ganz ungeniert als
Klettergeruest oder versuchen mir meine Brille wegzuschnappen. Generell sind alle total fasziniert von meinen
Haaren, irgendwer wuschelt mir da immer drueber, und natuerlich von meiner
hellen Haut. Ich bin zwar nicht der erste weisse Volunteer, der hier gearbeitet hat, dennoch koennen sich die Kids stundenlang mit meinem Arm beschaeftigen, und auch meine Beine mit den vielen kleinen Haaren sind unglaublich interessant :-P Aber lassen wir das jetzt! Ich werde hier versuchen, einen gewoehnlichen Tag im Kinderheim zu schilderm, so wie ich ihn erlebe:
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Das Haus |
Um
8:00 Uhr frueh (+/- 10 Minuten, kommt drauf an, wie motiviert mein Bodafahrer war) komme ich beim Haus an und ich klopfe an der Tuer, keine 3 Sekunden danach hoere ich die Kids, sofern sie schon wach sind rufen:
"Beni! Behni! Bani! Bern!" (Mein Name duerfte hier in Afrika ziemlich schwer auszusprechen sein, wenn ich mich bei jemanden vorstelle, versuche ich es erst gar nicht mehr mit Bernhard, sondern mit Berni oder Boerni, was aber auch meistens nicht viel besser geht.) Faith oeffnet das verriegelte Holztor und das Schloss der davorliegenden Eisentuer, meistens noch im Pyjama, ich entschuldige mich, dass ich wieso so frueh da bin, wie immer meint sie darauf, nein nein, es passt alles wunderbar! Perfekte Zeit! (Faith schlaeft und wohnt im Kinderheim, sie arbeitet mehr oder weniger 6,5 Tage die Woche hier, also freut sie sich auch dementsprechend, wenn ich vorbeischaue auf einen Kurzbesuch, das bedeutet naemlich Ablenkung fuer die Kinder und sie kann mal in aller Ruhe am Laptop ins Internet gucken oder sonst was machen!) Wenn die Kinder noch nicht wach waren, sind sie es spaetestens nach meinem Klopfen, die werden von Faith angezogen und putzen sich alle zusammen im kleinen Innenhof an der Abflusswanne die Zaehne, leider hab ich davon noch kein Foto, daran muss ich echt mal denken. Ich mache es mir waehrenddessen im Aufenthaltsraum gemuetlich, pack meine Sachen aus oder helfe Faith so gut es geht beim Fruehstueckmachen. Es gibt immer
Porridge, das ist ein brauner dickfluessiger heisser Brei, der aus einem Becher getrunken ist, ungesuesst nach Styropor schmeckt, allerdings sehr saettigend und billig ist, bei meinem Glueck bekomm ich als 2. Fruehstueck auch immer einen bis zum Rand gefuellten Riesenbecher davon, den ich natuerlich unmoeglich ablehnen kann. Die Kinder trinken es ohne zu meckern, mir schmeckt das Zeugs auch immer besser, je oefter ich es probieren darf, und mit ein bisschen Zucker schmeckt es wirklich ganz gut!! Meris und Delmas bekommen eine Schnabeltasse und gucken nach jedem 2. Schluck nach, wie viel noch drin ist. Ausserdem hab ich in einem schwachen geistigen Moment meinerseits den Kindern das zuprosten gelernt, jetzt will Meris mit ihrem Becher ca. 30x mit mir anstossen, bevor sie zu trinken beginnt
*cheers*, sry Faith!! ;-)
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Delmas & Meris |
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Mohammed |
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Fatuma |
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Mohammed und Delmas |
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Fatuma und Riziki |
Die Kinder hocken am
Boden im Kreis, wenn alle fertig sind, werden die leeren Becher in die Kueche gebracht und wenn alles soweit aufgeraeumt ist, beginnen Faith und ich, die Kids ein bisschen Englisch zu unterrichten. Die meisten Kinder haben
noch nie eine Schule von Innen gesehen, also koennen sie dementsprechend auch kein Englisch, obwohl das hier in Kenia verdammt wichtig ist, so wird grossteils auf Englisch unterrichtet bzw ist Englisch auch Amtssprache hier! Faith liest mit den Grossen, waehrend ich mit den Kleineren das Alphabet und Buchstaben-schreiben uebe. Das funktioniert aber alles nur mehr oder weniger erfolgreich, deshalb ist es so wichtig, dass die Kinder endlich in die Schule gehn koennen, die dafuer benoetigten Schuluniformen werden derzeit von der Schneiderin angefertigt und wurden von vollstaendig von euren Spenden finanziert, ein
herzliches Dankeschoen dafuer!
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Es wird am Boden gemalt und gelernt... |
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Meris liebt den gruenen Filzstift, am liebsten benutzt sie ihn als Lippenstift... |
Wenn dann genug gelernt wurde, oder zu viele Kinder bocken und das Weitermachen schlichtweg sinnlos ist, raeumen wir die Helfte und Buecher weg und beginnen irgendwas zu spielen: Fatuma und Kadzo sind die Queens of
Memory, sie lieben dieses Spiel, und sind auch immer dementsprechend ehrgeizig, verlieren geht doch mal gar nicht!! Sonst haben wir noch ein lustiges Farbenspiel aus Holz, einfache Brettspiele wie Mensch aergere dich nicht, Schlangen und Leitern, ein Panda-Puzzle, Twister, einige Baelle, Malbuecher (alles von Volos aus Deutschland oder Oesterreich mitgebracht), ab und zu bringe ich noch Luftballons, Seifenblasen, Stifte zum Malen oder sonstigen Kram fuer die Kinder mit. So verbringen wir also den Tag spielend, bis Faith zum Mittagessen ruft, oder ich selber in die Kueche muss und Faith mir zeigt, wie man Ugali, Pilau oder sonstige einfache
kenianische Speisen zubereitet, am Kohleherd, fuer 10 Leute. Dabei hab ich sie auch schon sher oft (leider) zum Lachen gebracht, besonders beim Ugali-ruehren...mein Gott, das geht halt schwer, wenn man die richtige Technik nicht kennt ;-)
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Hmmm...Pilau!! <3 |
Dann Essen wir wieder gemeinsam im Kreis am Boden sitzend, Faith macht mir dazu noch gern einen (untrinkbaren^^ man gewoehnt sich an alles^^)
Kaffee, danach erledigen die Kinder
einfache Hausarbeit, wie Kehren, Schuhe sortieren, Teller abraeumen, Abwaschen, Abtrocknen, Linsen sortiere (also von kleinen Steinen befreien) usw....wenn das erledigt ist, wird wieder gespielt, bzw. auf mir herumgekraxelt,...
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Halua |
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Mariam |
Ich bin hier sowieso, genau wie in der Special School, das lebende Klettergeruest, sehr zum Amusement von Faith, wenn auch die Grossen nicht zu kurz kommen wollen und ich mir einen abrackere! Leider wird auch viel gestritten, meistens um Kleinigkeiten, z.B. wer als Naechstes von mir durch die Luft gewirbelt wird, und es wird auch dementsprechend viel geweint, manchmal auch ohne sofort ersichtlichen Grund. Wundern darf einem das aber nicht, so leben hier doch Kinder, die entweder Waisen sind oder aus anderen Gruenden nicht bei ihren Familien leben koennen/duerfen. Die Kids brauchen einfach ganz viel Naehe, niemand darf uebersehn werden, niemand darf sich vernachlaessigt fuehlen, so kann es auch vorkommen, dass ein 15-minuetiger Besuch einer Mutter zwar eine Riesenfreude bereitet, danach die Kinder das Traenental aber kaum noch verlassen koennen. Fuer mich ist das oft ganz schwer, weil ich nicht genau weiss, wie ich damit umgehen soll. Ich versteh die Kids irgendwie total, da hilft oft nur stundenlanges in den Arm nehmen, gleichzeitig darf man aber die anderen Kinder nicht vergessen.
Die
Kommunikation im Haus war anfangs extrem schwierig. Die Kinder sprechen untereinander nur Swahili, verstehen nicht, was ich sage. Allerdings haben die Kids gemerkt, dass ich eben nur Englisch verstehe, wenn sie also etwas bestimmtes von mir wollen, lernen sie diese Saetze auf Englisch, bzw. sind beim Lernen motivierter. Seit ich also angekommen bin, bemerke ich schon einen krassen Unterschied in der Sprache. Die Kleineren sind da oft besonders suess, wie sie die Woerter verwechseln oder mich auf Swahili vollplappern und ich zwar genau Bahnhof verstehe, im Zweifelsfall aber ein Grinsen als Antwort voellig genuegt. Und ein paar wichtige Worte auf Swahili kann ich ja auch schon sprechen, also laeuft es hierbei echt schon ganz gut. Ich labere mit den kids schon voellig ohne viel nachzudenken, auch mit
Gestik und Mimik geht so viel, haette ich nie gedacht!
Nachmittags kommt auch haeufig
Besuch eingetrudelt, entweder ich, Auntie Jacque (Maa), Carter (ein guter Freund von Jacque) oder wie heute Gaeste aus England (Bekannte von Jacque) mit 3 kleinen weissen Kindern. Die Kids rasten immer komplett aus, wenn es an der Tuer klopft, und wenn an diesem Tag wieder einmal besonders viel geweint wurde, dann schaut auch gerne mal der Standbesitzer von gegenueber vorbei und schenkt jedem Kind einen Lolly! Mit dieser Aktion hat er mich nicht nur einmal den Tag gerettet!
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Danke fuer die Lollies!! |
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Gruppenfoto mit der ganzen Rasselbande!! |
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Riziki & Kadzo |
Nur ganz selten bleibe ich zum Abendessen da, wenn aber doch, dann schauen wir zusammen am Laptop noch einen
Film (ich habe das Kinderheim hier schon ganz gut mit Cartoons versorgt, Madagaska koennen die Kids fast auswendig, obwohl sie wohl kaum was verstehen, auch Kung Fu Panda kam sehr gut an, allesdings war der Film paedagogisch weniger sinnvoll, sry Faith die 2.). Dann werden die Kinder zum Bettgehen hergerichtet, die Mosquitonetze zurechtgezupft. Ein Schlafzimmer ist voll mit Betten, im zweiten schlaeft Faith mit den groesseren Kindern auf Matratzen, in diesem Raum gibt es auch den einzigen Kasten, wo das Gewand aller Kids, Medikamente (gutes Stichwort, dazu komm ich noch!), Stifte, Papiere und sonstige Unterlagen aufbewart werden, einen Tisch gibt es im ganzen Heim nicht.
Bevor ich das Kinderheim verlasse, verabschiede ich mich bei den Kids auf allen moeglichen Arten (Englisch, Swahili, Umarmungen, usw...das dauert oft ewig, bis ich wirklich gehen 'darf'), die Kinder antworten dann manchmal mit einem total suessen Satz, den ihnen eine ehem. Volo gelernt hat:
"I love you! Take care!" Da geht einem doch das Herz auf!!! Ich gehe dann entweder zu Fuss heim, direkt uebers Internetcafe, oder ich ruf mir einen Bodafahrer, die zum Teil auch nachts fahren.
Mir gefaellt es im Kinderheim wirklich sehr sehr gut, ich liebe diese Kinder, wuerde die Haelfte am liebsten mit nach Hause nehmen und ich geniesse meine Zeit hier total, auch wenn es manchmal auch ziemlich anstrengend ist, koerperlich sowieso! Wenn man hier arbeitet, braucht man kein Fitnessstudio mehr, denn die Kids halten einen auf Trap, die sind nie alle gleichzeitig muede! Und wenn doch, ist man meistens selbst dafuer verantwortlich ;-) Ich bewundere
Faith, wie sie das alles hier aushaelt, ich koennte das nicht, schon gar nicht mit diesen Arbeitszeiten, und wenn man bedenkt, welch grosse Verantwortung sie traegt und das, obwohl sie kaum aelter ist, wie ich!
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Autie Faith |
Ich helfe ihr gerne, so viel und oft, wie es geht. Aber ich habe mich selber schon oefters dabei erwischt, wie ich mich selber uebernehme, zumindest was die
Verantwortung betrifft: Obwohl ich hier die meiste Zeit nur bloed herumspiele, ist das hier nicht immer nur ein Spiel! Wenn Faith z.B. mit einigen Kindern ins Hospital musste weil sie irgendwelche Infektionserkrankungen haben (Meris hat irgendeinen juckenden Pilz auf der Zunge, einige haben Ringwuermer (ist eig. auch ein Pilz), Riziki ist seit ich hier bin erkaeltet, usw), oder aufs Amt muss, um einen Waisenstatus bestaetigt zu bekommen oder sonst was, bin ich mit den Kindern alleine. Bis jetzt ist nie was passiert, aber ich merke schon, dass ich hier bei Heulkraempfen einzelner Kids alleine ziemlich aufgeschmissen bin, wenn sich jemand leicht verletzt, weiss ich zwar was zu tun ist, eine Rettung oder sowas habe ich hier in Mtwapa allerdings noch nie gesehn! Medikamente verabreiche ich, seit Faith weiss, was ich studiere, was ich da aber hergebe, weiss ich nicht, weil die Tabletten hier in kleinen Plastiktueten ohne Beschriftung ausgeteilt werden im Spital, da bin ich schon froh, wenn ein Name und die Dosierung draufsteht, vom Wirkstoff keine Spur, Nebenwirkungen sowieso nicht. Einmal wurde ich auch auf einen Spaziergang mit den Kindern geschickt, frei nach dem Motto "Die Kids kennen den Weg!". Bloederweise aber doch nicht wirklich, nach 30 Minuten sind wir umgedreht, ich hab immer 2 Kinder Tragen muessen, dass muss ein lustiges Bild fuer die Bodafahrer gewesen sein, eine Gruppe schwarzer Kinder mit einem Weissen im Schlepptau. 5 Minuten bevor wir wieder zuhause angekommen waren, ruft mich Faith an, wo wir sind, und ob es ein Problem gibt (bis dahin hatte ich nicht mal ihre Nummer!) Also ich habe schon selbst bemerkt, dass meine Arbeit hier nicht so ohne ist und ich mich nicht
selbstueberschaetzen darf!
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Kurze Verschnaufspause nach einem anstrengenden Nachmittag. |
Die "Arbeit" findet aber nicht nur ausschliesslich im Kinderheim statt. Jacque und ich sitzen uns zuhause oft zusammen, reflektieren die letzten Tage im Kinderheim, diskutieren und philosophieren, besprechen, was mit Spendengeldern passieren soll, was zum Essen besorgt wird, wie die Preise dafuer gerade sind, wie es generell weitergehen soll. Mittlerweile habe ich erfahren, dass das gesamte Kinderheim
nur durch Spenden bzw. durch die Miete, die wir Volos hier bezahlen,
fremdfinanziert wird, das bereitet mir oftmals ziemliches Kopfzerbrechen, aber das soll jetzt hier nicht das Thema sein.
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Das Rohr der Abflusswanne im Innenhof war verstopft, also graben wir einen tieferen Abwassergraben. |
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Es funktioniert, mal schaun, wie lange... |
Generell merkt ihr aber schon, dass ich sehr gerne meine Zeit mit diesen Kids verbringe, ich hab sie alle total ins Herz geschlossen und irgendwie fuerchtet man sich schon ein bisschen vom entgueltigen Abschied. Aber bis dahin dauert es ja noch ein bisschen, also denk ich jetzt auch gar nicht mehr dran, sondern werd versuchen, euch auf dem Laufenden zu halten, v.a. wie es mit den
Schuluniformen weitergeht!
Liebe Gruesse in die Heimat!!
PS: Wenn ihr Fragen habt, oder Ideen, wie man den Kindern noch besser helfen kann (auch z.B. neue Spielideen, oder wie man die Kids besser zum Lernen motivieren kann, ich bin ja eig. kein Paedagoge!), dann lasst mir doch einen Kommentar da, oder schreibt ein E-Mail!!
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